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Parzival
11. Szene
Schweigsam sitzen Trevrizent und Parzival am Feuer, Suppenkessel und geleerte Schalen vor sich. Der Alte wiegt nachdenklich sein weißes Haupt hin und her. |
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Trevrizent |
Wie ihr berichtet ... diese Missgeschicke, die sich verdichten, Schicht um Schicht das Licht ersticken, es vernichten ... Sind dies wirklich die bitteren Geschichten, die das Schicksal flicht? |
Parzival blickt stirnrunzelnd und unverständig auf. |
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Parzival |
Was sonst? |
Sie fixieren einander. Trevrizent aber schweigt mit hintergründigem Lächeln. Erst nach einer Weile beginnt er in beiläufigem Plauderton zu sprechen. |
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Trevrizent |
Wie stark und klar ist
diese Suppe ... Nur Wurzeln, junges Grün, ein Hauch von Salz Und frisches Wasser, direkt von der Quelle ... So hat es meine Mutter mich gelehrt ... |
Ein
Schatten legt sich auf Trevrizents Antlitz. |
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Da fällt mir ein ... Ich hörte, eure Mutter ... |
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Parzival |
Ihr ... kennt sie? Sagt mir schon! Wie geht es ihr? |
Trevrizent |
Ihr Herz ... ein großes Herz ... Es ist zerbrochen, am selben Tag, als sie ihr Sohn verließ. |
Der
Schock steht Parzival ins Gesicht geschrieben. Er erhebt sich, ringt
verzweifelt die Hände, verfällt endlich in Resignation. |
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Parzival |
Und noch mehr Schuld ... Wer kann mir noch vergeben ... |
Trevrizent |
Der euch die Gabe der Vergebung gab ... |
Parzival |
Und das vergeblich! Wie denn weiterleben, nach allem, was ich angerichtet habe! Ihr aller Elend, Tod, durch meine Hand! Und fragte ich, was sie dabei empfanden? Sah
ich in ihre Augen, in ihr Herz? Pah! Ich doch nicht! Sogar an jenem Abend, als mich das wunderbare Licht berührte, selbst da nicht! Hat es mich erhellt? Der sterbenskranke Mann und dieses Mädchen ... Was weiß ich über sie? Es ist zu spät .. |
Trevrizent |
Ihr meint den Fischerkönig ... Er ist Hüter des Grals, des Lichts, wie immer ihr es nennt. Das Mädchen ist des Grals getreue Botin, und mehr als das: Es spiegelt Tag und Nacht und Licht und Schatten eures tiefsten Wesens ... Dem Fischer fehlte einst die Achtsamkeit und er vergaß die Kraft des reinen Herzens. Sie hatte ihn beschützt. Doch dann, im Schlaf, durchbohrte ihn des Feindes Schwert, die Spitze mit Gift getränkt, dem allerschlimmsten Gift: Das Gift heißt Zweifel, Zwiespalt, Selbstverachtung ... Die Macht des Grals verwehrt ihm seinen Tod, die Macht des Giftes aber nimmt sein Leben, und nichts kann ihn erlösen, bis auf eins: Ein Wort des Mitgefühls, ein Wort der Güte ... |
Parzival |
Sagt mir, wer ist des Fischerkönigs Feind? |
Trevrizent
bedeutet Parzival zu schweigen, schüttelt langsam den Kopf. |
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Trevrizent |
Falls ihr nun glaubt, ihr könnt die Gralsburg finden wie ein verlor’nes Glied aus eurem Kettenhemd, dann täuscht ihr euch. Da könnt ihr lange suchen. Der Gral gleicht einem lang ersehnten Schlaf: Wenn ihr bereit seid, mag er zu euch kommen und euch umfangen, sich in eure Seele senken, doch wenn ihr um ihn ringt, ist er dahin. Denn alles Glück ist wie ein Vögelchen: Vertrauen wandelt seine Scheu zur Treue, die Sucht des Suchenden treibt es zur Flucht ... |
Parzival |
Sagt trotzdem mir: Wer ist des Fischers Feind? Auf dass ich Rache an ihm nehmen kann! |
Trevrizent |
Der Feind? Ihr kennt ihn nur zu gut, mein Freund ... |
Beredtes Schweigen Trevrizents. Parzival erblasst, als ihm bewusst wird, wen der Alte meint. |
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Parzival |
Schwarz-weiß gefleckt ... |
Trevrizent |
Genau. Wie eine Elster ... |
Parzival |
Ich fleh‘ euch an! Nun sagt mir, wo er steckt! |
Trevrizent
lässt sich Zeit, rührt versonnen im Suppentopf. |
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Trevrizent |
Und frisches Wasser, direkt von der Quelle ... So hat es meine Mutter mich gelehrt ... Ihr
findet ihn ... an eurer eig’nen Quelle. Er
wartet da, wo ihr entsprungen seid, wo
euer Weg und euer Kampf begannen ... |
Parzival springt auf, in der ihm eigenen ungestümen Art, greift zum Schwert an seiner Seite, will sofort aufbrechen. Aber Trevrizents Worte halten ihn zurück. Der Alte spricht, ohne vom Suppentopf aufzublicken. |
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Trevrizent |
Geht stets gerade, aufrecht, frohgemut, und hütet euch vor Überheblichkeiten, denn Mut und Demut sind ein schönes Paar, und ihre Kinder heißen: Güte, Liebe ... |
Parzival |
Soll ich den Mörder gar mit Güte töten? |
Trevrizent |
Den größten Sieg erringt ihr ohne Kampf ... |
Parzival |
Ich bin euch wirklich sehr zu Dank verpflichtet, doch wenn ich diesem Kampf entsagen soll, um euren weisen Worten zu entsprechen, dann bleib‘ ich lieber dumm und ungestüm! Zu oft schon folgte ich dem Rat der
and’ren ... |
Trevrizent |
Tut, was ihr wollt, wenn ihr es wirklich wollt ... |
Trevrizent
ergreift zum Abschied die Hände Parzivals, sie scheiden stumm von
einander. Zurück bleibt ein zunehmend wohlgelaunter Trevrizent, der
grinsend, glucksend, ja singend vor sich hin sinniert. |
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Trevrizent |
Wozu sich Sorgen machen, junges Grün? Nie wird die Wahrheit deiner Wildheit weichen: Was war, wird sein. Was sein wird, war. Was
wahr sein wird, war immer wahr. |
Licht aus. |
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