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Spiel im Morgengrauen

(nach der Novelle von Arthur Schnitzler) 

Bühnenfassung: Stefan Slupetzky - Regie: Nicholas Ofczarek - Bühne: Peter Loidolt - Kostüme: Erika Navas - Licht: Lukas Kaltenbäck - Musik: Thomas Hojsa und Helmut Emersberger.

Mit: Marcello de Nardo, Astrit Alihajdaraj, Gerd Böckmann, Tamara Metelka, Sascha Oskar Weis, Michael R. König, Paul Wolff-Plotegg, Michael Gampe, Nicholas Ofczarek, David Oberkogler, Gertrud Roll, Claudia Kottal

Peter Jarolin, „Kurier“ vom 12. 7. 2009:

Mit Schnitzlers Spiel im Morgengrauen feiern die Festspiele Reichenau auch mit der letzten Premiere einen großen Erfolg.

Das Risiko hat sich ausgezahlt. Denn es ist gar nicht selbstverständlich, dass sich ein grandioser Schauspieler auch als Regisseur profiliert. Im Fall von Nicholas Ofczarek aber trifft das zu: Mit seinem Regie-Debüt bei Arthur Schnitzlers "Spiel im Morgengrauen" hat Ofczarek einen Volltreffer gelandet.

Doch der Reihe nach: Stefan Slupetzky hat Schnitzlers Novelle aus dem Jahr 1926 für die Festspiele Reichenau klug dramatisiert und dem Regie-Debütanten Ofczarek somit eine ideale Basis geschaffen. Und diese weiß der zukünftige Salzburger "Jedermann" im Neuen Spielraum bestens zu nützen.

Einen Spieltisch, einen Konferenztisch, ein angedeutetes Soldaten-Domizil lässt Bühnenbildner Peter Loidolt bei Bedarf aus dem Boden fahren. Mehr benötigt Ofczarek nicht, um ein stimmiges Spielerdrama zu entwickeln. In kurzen, oft hart geschnittenen Sequenzen erzählt der Regisseur die Geschichte des armen Leutnants Wilhelm Kasda, der, um einen Freund vor der Revision zu retten, sein Glück am Spieltisch sucht und nach anfänglichen Gewinnen binnen einer Nacht 11.000 Gulden Schulden macht. 24 Stunden bleiben diesem Kasda, das Geld aufzutreiben, sonst droht das unehrenhafte Ende der Militärkarriere und in letzter Konsequenz der Selbstmord. Geschickt zeigt Ofczarek eine Gesellschaft, die in überkommenen Ehrbegriffen gefangen ist, eine Soldateska, die Auflösungserscheinungen offenbart, und ein gieriges Bürgertum, das nur nach Macht und Gewinn strebt.

Aber Ofczarek - er holt sich in der vergleichsweise kleinen Rolle des dubiosen Leutnant Greising alles - setzt auch auf die Intensität des Augenblicks. Kein Wunder bei diesen Darstellern. Denn wie Marcello de Nardo als Kasda förmlich um sein Leben rudert, wie er vergeblich den abgehalfterten Onkel und später dessen eiskalte Frau (eine einstige Affäre Kasdas) um Hilfe bittet, geht unter die Haut. De Nardo zeichnet eine gepeinigte Kreatur, die weiß, dass letztlich wohl nur der Freitod übrig bleiben kann. Eine starke, oft erschütternde Leistung.

Doch auch das übrige Ensemble brilliert: Allen voran Tamara Metelka. Sie, die von Kasda einst nach einer Liebesnacht mit zehn Gulden abgespeist wurde, ist nun die große Rächerin. Hart und unerbittlich spielt sie mit Kasda; ihre finanzielle Unterstützung kommt zu spät. Als Kasdas Onkel hat Gerd Böckmann starke Momente; auch Sascha Oskar Weis, der sehr gute Michael König als Kasdas fragwürdiger Spielpartner, Paul Wolff-Plottegg, Astrit Alihajdaraj, Michael Gampe, David Oberkogler, Gertrud Roll und Claudia Kottal fügen sich in diesen Schnitzler- Kosmos gut ein.

Fazit: 

Das Publikum kann hier gewinnen.

Werk: Arthur Schnitzler schrieb "Spiel im Morgengrauen" im Jahr 1926; Stefan Slupetzky hat die Novelle klug und sehr sicher dramatisiert.

Regie: Nicholas Ofczarek gibt ein mehr als überzeugendes Regie-Debüt. Das sollte kein (wie von Ofczarek im Vorfeld angekündigt) einmaliger Ausflug ins Regiefach bleiben.

Spiel Marcello de Nardo führt ein homogenes Ensemble an.

 

Hilde Haider-Pregler, Wiener Zeitung vom 14. 7. 2009

Burg-Schauspieler Nicholas Ofczareks überzeugt in Reichenau mit dem Regie-Debüt "Spiel im Morgengrauen".

Nicht immer ist es ein jäher Schicksalsschlag, der das Leben eines Menschen von einem Tag auf den anderen aus dem Lot geraten lässt. Manchmal genügt eine Verkettung von Zufällen. Den Ablauf eines solchen Mechanismus schildert Arthur Schnitzler in seiner Erzählung "Spiel im Morgengrauen" (1926), die nun in einer Fassung von Stefan Slupetzky bei den Reichenauer Festspielen auf dem Programm steht. (...)

Slupetzky verdichtet und verdeutlicht in seiner Szenenfolge mit Gespür den bereits der Erzählung immanenten dramatischen Spannungsbogen, den auch Nicholas Ofczarek in seiner von filmischen Mitteln inspirierten, stellenweise allzu melodramatischen Inszenierung kontinuierlich steigert. Einige Versatzstücke genügen, um die wechselnden Schauplätze kenntlich zu machen. Blackouts trennen die Szenen voneinander, die Musik (Thomas Hojsa und Helmut Emersberger) verstärkt nicht nur Stimmungen, sondern verweist auch auf Wendungen im Handlungsverlauf. (...)

Differenzierendes Geschick beweist Ofczarek bei seinem Regie-Debüt in der Personenführung. Marcello de Nardo beeindruckt als Kasda, der ohne sonderlichen Ehrgeiz die ihm familiär vorbestimmte Militärlaufbahn eingeschlagen hat, deren Ehrbegriff und Hierarchie unkritisch akzeptiert und seinen Adjutanten herumkommandiert. (...)

Ausgezeichnet Tamara Metelka als honorige, aus Selbstschutz verhärtete Geschäftsfrau.

 

Barbara Petsch, "Die Presse" vom 13. 7. 2009:

Krimiautor Stefan Slupetzky hat die Geschichte hervorragend dramatisiert. (...)

Bis zur Pause ist die Aufführung von atemberaubender Dichte: im grausamen Männerritual am Spieltisch in Baden, wo sich die Katastrophe über dem jungen Leutnant Kasda zusammenbraut, brilliert vor allem Michael R. König als Kapitalist Konsul Schnabel.

 

Margarete Affenzeller, "Der Standard", 20. 6. 2009:

Nicholas Ofczarek beweist als Regisseur ein gutes Händchen: Schnitzler.

Burgschauspieler Nicholas Ofczarek macht derzeit vor allem als designierter Jedermann von sich reden: Ab 2010 übernimmt er bei den Salzburger Festspielen den populären Part von Peter Simonischek. Zunächst aber hält der Power-Mime noch Wache an einer anderen Baustelle: Bei den Reichenauer Festspielen probiert er es erstmals als Regisseur. Und erweist sich bei Arthur Schnitzlers Spiel im Morgengrauen als Mann vom Fach.

Stefan Slupetzky hat die schon in den verdüsterten Jahren Schnitzlers entstandene Novelle zu einer inhaltlich leicht abweichenden Bühnenfassung komprimiert. Sie spart aus und erzeugt durch harte Schnitte in Ofczareks Inszenierung gespensterhafte Spannung. 

(...) Zu diesem Kreis von Offizieren, Ärzten, Künstlern, Dandys, Schauspielern und "süßen Mädels" gehört auch Leutnant Wilhelm Kasda. Über seinem Leben liegt in Ofczareks Inszenierung (er spielt zudem eine Nebenrolle) von Anfang an ein beredter Trauerflor gebreitet (Bühne: Peter Loidolt). Die Bettstatt in Kasdas Kasernenquartier ist ein Gewühl aus schwarzen Gaze-Stoffen, unter dem die schwachen Schultern dieses gutmeinenden jungen Soldaten zart hindurchschimmern. Marcello de Nardo zeigt ihn in großer, bebender Anspannung.

Die Verhältnisse der Zeit überragen den Menschen - auch davon erzählt das subtile Bühnenbild: Der Einzelne ist zu klein für diese Welt, in der Türen so hoch sind wie Häuser und in der das Dunkel durch Jalousien-Spalten so dämonisch hereindrängt wie in amerikanischen Gangsterfilmen des Film noir. Keine üble Assoziation!

 

Thomas Gabler, "Kronen Zeitung" vom 13. 7. 2009:

Vergilbtes, seelenloses Schaustück (...) Vergilbt, in den Farben verblasst, altmodisch und seelenlos (...) Plakativ, oberflächlich, ja langweilig (...)

 

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