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Trio Lepschi
In Himmö
Michael Ternai, Music Austria, 18. 6. 2015Diese Combo ist eine aus dem Wiener Musikleben längst nicht mehr wegzudenkende musikalische Institution. Der Name TRIO LEPSCHI steht für nichts anderes als für das moderne und mit Stilen aller Art angereicherte Wienerlied. „In Himmö“ (Hoanzl), so der Titel des nun erscheinenden neuen Albums der drei ehrenwerten Herren Tomas Slupetzky, Stefan Slupetzky und Martin Zrost, liefert in eindrucksvoller Manier einmal mehr den Beweis dafür. Eines kann man nach dem ersten Durchhören des neuen Trio-Lepschi-Albums definitiv sagen: Das Wiener Dreiergespann hat erneut alles richtig gemacht. In der Sprache irgendwo zwischen Vorstadtstrizzi und Innenstadtsnob die tiefen Untiefen der Wiener Seele persiflierend, liefert es wie gewohnt schlagfertig Nummern ab, wie sie in ihrer Art wirklich nur in Wien entstehen können. Schwarzhumorig, bissig, immer ein bissl unkorrekt, um keine Peinlichkeit verlegen und am Ende dann doch nicht immer so ganz ernst gemeint besingen die drei musikalischen Freigeister und Querköpfe die absurden und weniger absurden Geschichten über die bittersüßen bis tieftraurigen Dinge des alltäglichen Lebens. Musikalisch zeigen sich die drei Herren wie auch schon in der Vergangenheit zu allen Seiten hin sehr offen und experimentierfreudig. Das traditionelle Wienerlied stilistisch bis zu dessen Grenzen ausdehnend, sucht das Trio Lepschi immer wieder auch Anknüpfungspunkte zu anderen Spielarten, wie etwa zum Jazz, Bossa Nova, Blues, Chanson, ein wenig Klezmer und vielem mehr. Der klanglichen Vielfalt werden keine Grenzen gesetzt. Die Kunst, die die drei Herren eindrucksvoll beherrschen, ist, aus diesem Viel an Einflüssen etwas vielschichtig Homogenes und zugleich neuartig Klingendes zu formen. Auch wenn die Nummern in ihrer instrumentalen Akzentuierung sehr unterschiedlicher Natur sind, es ist ihnen immer diese unverkennbare und manchmal auch etwas schräg anmutende bandeigene Note inne, die wirklich zu begeistern weiß. Man kann durchaus sagen, dass das Trio Lepschi mit „Im Himmö“ einmal mehr ein dickes Ausrufezeichen setzt. Das Album ist eines, das schlicht und einfach zum Zuhören einlädt. Es ist originell, eigenständig und in hohem Maße unterhaltend. Was will man mehr?
Stefanie Panzenböck, Falter 24/15 Das Trio Lepschi präsentiert sein neues Album und verrät, warum eine Spunzel auch eine Brimlitz ist Es ist früher Abend und das Trio Lepschi sitzt an einer Straßenecke beim Ottakringer Friedhof vor einem Beisl bei ein paar Spritzern. Gleich dahinter zwischen den Bäumen ist das Wiener Volksliedwerk, dort wird an diesem Abend die Geburtstagsfeier für den Musiker und Produzenten Walther Soyka steigen. „Die Lepschis“ – Martin Zrost und die Brüder Stefan und Tomas Slupetzky – werden mit einigen anderen für und mit Soyka spielen. Etwa mit Willi Resetarits, der mit seiner Ukulele unterm Arm gerade die Straße herunterkommt. Die vier begrüßen sich als alte Freunde und Zrost deutet auf das Instrument: „Derf i amal zupfen?“ Willi Resetarits ist für die drei Freund, Vorbild und Hebamme, erzählt Tomas Slupetzky: „Als Trio Lepschi geboren wurde, hat er entscheidend Geburtshilfe geleistet und uns in seine Sendung auf Radio Wien eingeladen.“ In seiner mittlerweile abgesetzten Show „Trost und Rat“ bot Resetarits vielen österreichischen Musikerinnen und Musikern eine Plattform. Wie immer haben sich die Herren des Trio Lepschi für ihr Konzert in Schale geworfen, in ihren schwarzen Anzügen erscheinen sie wie aus der Zeit gefallen. Tatsächlich hat sich die Gruppe vor fünf Jahren gegründet, zu einem Zeitpunkt, als eine neue Form der Dialektmusik, vereinfacht „Neues Wienerlied“ genannt, gerade ihre große Blüte entwickelte. Zrost, Slupetzky und Slupetzky lagen also voll im Trend – aber das Trio war und bleibt ein Unikum. Es erfindet Reime, die es eigentlich nicht geben kann, und paart sie mit fordernder und elegant komponierter Musik, die von Jazz, Klezmer oder einfach der traditionellen Volksmusik inspiriert ist. Ihre Unverwechselbarkeit führen die Lepschis auf vermeintliche Unzulänglichkeiten zurück: „Nicht jeder von uns ist ein genialer Musiker. Was uns ausmacht, ist die Originalität der Texte und Melodien“, sagt Stefan Slupetzky. Er ist Schriftsteller und Illustrator, und von ihm stammen nahezu alle Texte des Trios. Die übergibt er dann an Martin Zrost, der die Musik komponiert, meistens für Gitarre und singende Säge. Erst dann entfalten Zeilen wie die folgenden ihren ganzen Reiz: „I hob a riesen Kopferl / und drauf a Schippö Hoa, / i flecht ma draus a Zopferl, / des schling i um mei Kropferl, / ma siachts daun ned so goa.“ Martin Zrost war als Einziger der drei immer schon Musiker. „Seit 40 Jahren mache ich nix anderes, und jetzt einen Wifi-Kurs machen und Schreinern lernen?“ Muss nicht sein. Tomas Slupetzky wiederum hat viele Jahre für die Organisation Jugend am Werk gearbeitet. „In Himmö“ ist trotz der engelhaften Abbildung der Lepschis auf dem Cover weder eine Abkehr vom Bösen und Hintergründigen noch ein religiöses Konzeptalbum. Es geht etwa um das Verquere im Leben („Schdeckt da Wuam“), um den unerfüllten Wunsch nach zwei Meter langen Beinen („Zwaa Meta Marsch“), um die Wegwerfgesellschaft („Mistwoiza“) und um den „Himmö“ – also „um den Himmel auf Erden, den wir nicht haben“ (Stefan Slupetzky). Der wäre nämlich ein Ort ohne Spekulanten und mit viel gutem Wein, der aus den Hydranten sprudelt. Für Martin Zrost, seines Zeichens Nihilist und Atheist, ist der Himmel und das dazugehörige Leben nach dem Tod gleichbedeutend mit einem schwarzen Loch: „Nix, aus, nada – kein Himmel.“ Sinnvoller sei es, über den Himmel als Synonym für Glück nachzudenken. Und das findet Tomas Slupetzky im Tiefschlaf: „Aber über den kann ich nichts sagen, ich weiß nur, dass ich ihn haben werde und dass ich ihn gehabt habe.“ Für seinen Bruder wiederum „sind die glücklichsten Momente die, wo eine Hoffnung auf Glück existiert. Wenn ich ein Manuskript fertig geschrieben habe und überzeugt bin, dass es gut ist, und darauf hoffe, dass das Buch ein Renner wird, dann sitze ich im Wirtshaus und entspanne mich ob der getanen Arbeit – das ist ein Glücksmoment. Das Buch wird dann eh kein Renner, und da krieg ich dann die Watschen für meine Hoffnungen.“ Seinen Feinsinn fürs Experimentelle und Noch-nie-Dagewesene hat Stefan Slupetzky in das fulminante Gedicht „Die Spunzel“ verpackt. Auf dem Album ist es mit Musik zu hören, bei Auftritten wird diese Ode an die jüdischen Wiener Kabarettisten von Martin Zrost und Tomas Slupetzky in zwei Gebärdensprachen übersetzt. Aber nicht etwa Deutsch und Englisch, sondern Esperanto und Volapük. „Die Spunzel“ geht zum Beispiel so: „A Spunzel is a Brimlitz mit breiteren Lamellen, / man kann die Spunzel also nicht nur legen, sondern stellen.“ Eine Spunzel gleicht übrigens auch einem „Flops“, einer „Gombe“ oder einer „Flütze“ – alles Gegenstände, die ebenso wenig existieren wie eine Gebärdensprache-Version von Esperanto und Volapük. Oder eben doch: „Seit ich sie niedergeschrieben habe, gibt es sie“, sagt Stefan Slupetzky. Die Erfolgsgeschichte des Trio Lepschi funktioniert wohl ähnlich. So viel Genialität, Humor und Eleganz gibt es in Wirklichkeit gar nicht. Hätte sich das Trio nicht selbst erfunden, es wäre ewig schade.
Gerald Schmickl, Wiener Zeitung, 26. 6. 2015 Alles Wienerlied - das ist auch auf dem vierten Album des Trio Lepschi Motto & Programm. Aber wie ebenfalls bisher üblich, ist der textlich-musikalische Gemischte Satz der Herren Slupetzky/Slupetzky/ Zrost alles andere als jene heurigenselige Mischkulanz, die so lange den sauer-ranzigen Charme des Chanson Viennoise geprägt hat. War es auf der Vorgängerplatte des Trios, der hinreißenden Schüttelreim-CD "Warz und Schweiß", etwa der Titel "Fernsehkoch", der sich pseudofranzösisch näselnd der Kulinarik annäherte, so wird das Wienerlied auf "In Himmö" praktisch in alle Himmelsrichtungen erweitert. Es geht nicht nur nach oben (im Titellied) oder unten (in "Mistwoiza"), sondern auch wiederum geografisch fremd: saugt etwa Bossa-Nova-Klänge auf, die wienerisch anverwandelt werden. Dazu reicht ein kleiner Sprachfehler, der einem Lobau-Voyeur buchstäblich angedichtet wird, und schon klingt das Ganze lautmalerisch portugiesisch: "Ma schau,/ a so a scheene Frau,/ is glegn in da Lobau,/ die Donauau so lau . . ." ("Bossa Lobao") Oder es gibt deftige Klezmer-Klänge und -Verse, die zuerst irgendwie balkanesisch klingen, deren deutschsprachige Bedeutung sich dann allerdings erst offenbart, wenn sie rückwärts gespielt werden (welche Operation in den letzten beiden Nummern des Albums - "Ojojoj" und "Jojojo" - tatsächlich vollzogen wird). Man sieht schon (und hört erst recht!), das Trio Lepschi ist wiederum hinterfotzig komisch, kauzig sprachverspielt, und es singt und dudelt (auf einem Lied, "S schneibt heit", mit der Unterstützung von Agnes Palmisano) mit vielerlei Zungen, sodass es allen Sinnen eine Freude macht. Musikalisch von Martin Zrost für Kleinbesetzung höchst volatil und variabel eingerichtet, sind es vor allem die gewitzten, aber auch lebenspragmatisch klugen und bisweilen tiefsinnigen Reime des Stefan Slupetzky, die diesen Darbietungen - seien sie live (da wird’s vielfach kabarettistisch) oder auf Konserve dargebracht - ihre schwungvolle Eleganz und unterhaltsame Rasanz verleihen.
Werner Leiss, Concerto, September 2015 Die Musik hat bei den Lepschis zwar natürlich schon ihren angemessenen Platz, aber wichtiger sind eindeutig die Texte. Das Spielen mit der Sprache ist ja ohnehin seit jeher ein zentraler Punkt im Schaffen des Trios. Nicht umsonst ist Stefan Slupetzky einem größeren Publikum bekannt, als es das Trio mit seinem doch recht speziellen Programm vermutlich je erreichen wird. Er schafft es immer wieder, nicht ganz so elitäre Bücher zu verfassen, die auch teilweise von einer Krimileserschaft im ganzen deutschen Sprachraum gut angenommen werden, wie beispielsweise die "Lemming"-Veröffentlichungen zeigen. Natürlich ist auch er es, der das Gros der Texte verfasst. Stücke wie "Bossa Lobao" sind ein weiterer köstlicher Beweis, wie mit der Sprache gespielt werden kann. In der Lobau sitzt der Mann mit dem kleinen Sprachfehler, die Bossa Nova Instrumentierung wird dazu serviert. Der Witz wird bei den letzten zwei Stücken auf die imposante Spitze getrieben. Bei "Ojojoj" und "Jojojo", in leichter Osteuropa-Klezmer-Instrumentierung vorgetragen, wird einmal Buchstaben verkehrt und dann umgekehrt vorgetragen. Auf halbwegs Deutsch liest sich das endlich so: "Alles ist total im Arsch! Allen get es nur ums Geld! Solen ale schajsen gen. So ajne verdreckte Welt!"
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